Berlin: Ausweichbewegungen in den Speckgürtel

02 Apr. 19

Berlin infiziert Speckgürtel mit Wohnungsproblematik: Ausweichbewegungen schaffen Engpässe

Die Immobilienpreise steigen in Berlin ungehindert. Das betrifft zunehmend nicht nur die Berliner Bezirke, sondern auch den Speckgürtel, beispielsweise Potsdam und Teltow. Aber die Infrastruktur dieser Städte ist nicht für die neuen Einwohnerzahlen ausgelegt. Das Immobilienbüro Gottschalk in Oranienburg erklärt die Debatte.


Der Berliner Wohnungsmarkt ist weiterhin angespannt, auch wenn die Immobilienpreise 2018 weniger schnell stiegen als in den Jahren zuvor. Ausweichbewegungen in den Speckgürtel rund um die großen Städte befeuern die Märkte, denn auch hier steigen die Preise nun. Teltow und Potsdam sind mit 14 % und 12 % Wachstum seit 2010 sogar schneller gewachsen als die Hauptstadt. Die Infrastruktur der Städte ist nicht auf so hohe Einwohnerzahlen ausgelegt, und sie konnte in diesem Tempo auch nicht ausgebaut werden. Die Bestandsmieten in Teltow und Potsdam liegen bei mehr als 9 EUR/qm, es fehlt an Schulen, Kindergärten, der ÖPNV ist überlastet. Was tun? Im Gespräch sind zwar Zwangsenteignungen, aber das wird wohl kaum eine ernstzunehmende Debatte sein.


"Der war's!" - Kindergartenmentalität auf allen politischen Ebenen

Eigentlich ist das Bauen in Berlin Chefsache. Trotzdem will aktuell niemand wirklich zuständig sein: Die Aufgabe wurde und wird an die einzelnen Bezirke delegiert. Und die sind damit beschäftigt, die lokalen Interessen umzusetzen. Dass dabei die Gesamtberliner Lage aus dem Blick gerät, ist klar. Abgesehen davon fehlt es in den einzelnen Bezirken schlicht an den Kapazitäten, das Problem der Wohnungsnot anzugehen. Denn dafür ist Berlin einfach zu groß, die Bezirke zu kleinteilig, zumal niemand gerade die Koordination übernimmt. 


Lösungsansätze gibt es - Trei Real Estate macht es vor

Grundsätzlich ist die Lage natürlich auch in Berlin nicht so aussichtslos, wie dargestellt wird. In anderen Städten hat man längst begonnen, sogenannte Flachmänner, alleinstehende Nahversorger, zu überbauen. Auch in Berlin wird das getan. Trei Real Estate reißt gerade am Prenzlauer Berg eine eingeschossige Einzelhandelsimmobilie ab. Hier sollen künftig 240 Wohnungen über einer Handelsfläche im Erdgeschoss in einer vielgeschossigen Immobilie entstehen. Und das Potential für derartige Vorhaben ist groß in Berlin: Insgesamt 13 Fallstudien gibt es bereits, die zeigen, wie innerstädtischer Wohnungsbau aktuell realisiert werden könnte. 330 Flachmänner können in Berlin laut dieser Studien überbaut werden, was 20.000 bis 30.000 Wohneinheiten schaffen würde. Nicht genug, aber immerhin würde diese einzelne Maßnahme bereits 15 % des Bedarfs an Neuwohnungen bis 2030 (geschätzte 194.000 Wohnungen) decken.


Zahlen und Fakten zum Wachstum

Seit 2010 ist Berlin um 9,5 % gewachsen. Seit 2013 stiegen die Angebotsmieten um im Schnitt 44 % auf ca. 12,10 EUR/qm. Damit ist Berlin die Stadt mit dem höchsten Mietpreisanstieg im Bundesgebiet. Das sind natürlich Mittelwerte, die Zahlen unterscheiden sich in den einzelnen Stadtteilen etwas. Im Wedding liegt die Steigerung bei 71 %, in Tiergarten bei 68 %. Dafür schneiden andere Stadtteile etwas weniger dramatisch ab. Die Angaben stammen aus Analysen von Empirica.

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